Dein AWE-Indikator
Wie intensiv kannst du staunen, spürst bewusst Wertschätzung, Dankbarkeit und andere Gefühle, die dein Ressourcenmanagement fördern?
Awe ist Englisch und bedeutet «Staunen». Es gibt Momente, bei denen wir Menschen positiv erschaudern und vielleicht sogar eine Gänsehaut bekommen. Bei einem emotionalen Song, einem bewegenden Moment in einem Film und vielleicht erst recht beim Anblick der Natur wie beispielsweise die Wahrnehmung einer von Birken umsäumte Lichtung, die von Frühlingsonnenlicht durchflutet wird. Erst recht, wenn diese Momente mit angenehmen Gerüchen verbunden sind, passiert in uns etwas ganz Spezielles.
Wir sind auf diesen Moment stärker fokussiert, erleben den Augenblick klarer, die sensorischen Empfindungen werden bewusster und die inneren Erkenntnisräume – Heureka – weiten und verdeutlichen sich. Manche beschreiben solche äusserst lustvollen Momente auch mit «larger than life».
Die meisten Menschen sind der Meinung, dass diese Momente in ihrer Kindheit und Jugend häufiger vorkamen, als man vieles noch zum "ersten Mal" getan und erlebt hat.
Je älter wir werden, desto weniger scheinen uns diese Momente zu begegnen. Nicht selten versuchen wir, diese durch Konsum von oder bei etwas zu erzeugen. Dieser Akt einer illusionären und symbolischen Selbstergänzung, bei dem wir den geschickt verpackten Versprechungen der Werbung erliegen, lässt gegenüber dem "Original" einer echten Begegnung mit der Welt, oft schon nach wenigen Sekunden einen schalen Geschmack von Dissonanz aufkommen. Alsbald kommt ein erneutes defizitäres Lebensgefühl auf – irgendetwas fehlt mir. Als Folge steigt umgehend das Bedürfnis an, den Konsumkreislauf symbolischer Selbstergänzung erneut zu starten.
Der Soziologe Hartmut Rosa weist darauf hin, dass wir eine andere Weise der Begegnung mit der Welt brauchen, als diese über Konsum zu erzeugen und zu beherrschen. Es geht gemäss Rosa darum, mit der Welt in Kontakt – in Resonanz – zu treten, wodurch dieser vibrierende Draht zwischen uns und der Welt entstehen kann.
Dacher Keltner und Jonathan Haidt sprechen in dem Zusammenhang von «Approaching awe», was man vermutlich am ehesten als ehrfurchtsvolles Staunen übersetzten kann. Dieses AWE (Aussprache: «aow») vermittelt uns gemäss Keltner und Haidt das Gefühl, «in der Gegenwärtigkeit von etwas Großem zu sein, das unsere Vorstellung von der Welt transzendiert und einem innerpersönlichen Wunder» gleichkommt, und «zum einen die Kraft, das psychische Wohlbefinden nachhaltig zu verbessern, und zum anderen die Macht, persönliche und spirituelle Wachstumsprozesse anzuregen». Insbesondere Gefühle wie Staunen, Dankbarkeit und Wertschätzung können zur Lebenszufriedenheit beitragen und als Ressourcen stärkend wirken.
Die Sozialwissenschaftlerin Judith Moskowitz von der Northwestern University bezeichnet diese Ehrfurchtsforschung für die Menschheit sogar als «cutting edge», also als innovativ.
Der unten folgende Fragebogen gibt dir eine individuelle Momentaufnahme - deshalb Indikator. Vielleicht regt dich der resultierende Wert im Vergleich mit den Referenzgruppen an, deine Gefühle etwas bewusster wahrzunehmen. Sich den eigenen Gefühlen behutsam bewusster zu werden, ist fast immer hilfreich. Es geht darum zu lernen, wie du deine Gefühle in einer Weise nutzen kannst, die dein persönliches Wachstum, Wohlbefinden und Ressourcenmanagement fördert.
Indikator
Gib bitte bei allen folgenden Aussagen an, wie häufig diese (in der letzten Zeit) auf dich zutreffen, indem du rechts die für dich passende Zahl anklickst.
- 0 = nie
- 1 = selten
- 2 = häufig
- 3 = Sehr häufig / regelmässig
Damit dieses Werkzeug auch wirklich funktioniert, ist es wichtig, dass du so authentisch und echt, aber auch möglichst spontan antwortest. Die Erfahrung zeigt nämlich, dass je länger man über eine Frage nachdenkt, sich die Tendenz durchsetzt, in der Mitte anzukreuzen. Dieses Verhalten würde aber wertvolle Erkenntnisse und Denkanstösse verhindern.
Wenn du alle Fragen ausgefüllt hast, klicke auf den Knopf "Auswerten" unten. Anschliessend werden deine Eingaben ausgewertet.
Auswertung
Dein Wert:
Vergleiche dein Testergebnis mit den Werten bestimmter Personengruppen:
Referenzgruppe |
Mittelwerte Ehrfurcht und Dankbarkeit |
Junge Erwachsene |
55 |
Medizinstudierende der CoronAid-Initiative |
57 |
Erwachsene in der Covid-19-Pandemie |
60 |
Personen mit einem anthroposophischen Hintergrund |
69 |
Religiös Gläubige |
70 |
Yogaübende |
71 |
In religiösen Gemeinschaften Aktive |
72 |
Quelle: GrAw-7 © Arndt Büssing, Universität Witten/Herdecke
Generell nimmt unsere Fähigkeit zu staunen im höheren Lebensalter zu.
Menschen mit spiritueller Praxis wie etwa Yogaübende oder Gläubige erzielen überdurchschnittlich hohe Werte bei diesem
Selbsttest, ihr Erleben ist besonders intensiv.
Um sich für AWE-Momente zu sensibilisieren, empfiehlt sich nachfolgendes Vorgehen:
Werde dir deiner bereits erlebter AWE-Moment bewusst:
Du machst dir klar und erinnerst dich an bereits erfahrende AWE-Momente. Vermutlich sind das Begegnungen mit Menschen, die dich berührt haben, oder Unerwartetes, etwas das dich erstmalig bewegt hat, als du es zum ersten Mal richtig und bewusst wahrgenommen oder verstanden hast. Vielleicht hast du sogar innegehalten und warst über dieses intensive Gefühl überrascht.
Suche geeignete Momente bewusst auf:
Um diese AWE-Momente bewusster und häufiger zu erleben, empfiehlt es sich, dir bewusste Auszeiten zu nehmen und beispielsweise in die Natur zu gehen, sich auf Musik oder Kunst einzulassen, indem du die Natur, ein Konzert oder eine Ausstellung mit möglichst allen Sinnen besuchst und wahrnimmst. Überall wo du «hängenbleibst» lohnt es sich, dir deiner Gefühle bewusst zu werden.
Lasse die ausbreitende Resonanz zu:
Wenn du spürst, dass etwas in dir zum Klingen gebracht wird, mache dir klar, was das ist, das dich berührt. Lasse diese Gefühle in dir wirken, sich vertiefen und spüre was zusätzlich in dir «anspringt».
Weitere Hinweise:
Beobachte dich bei deinen Experimenten analog zu den relax-Übungen und der Begegnung mit deinem Parasympathikus interessiert, gelassen und ohne dich unter Druck zu setzen.
Geniesse jedes kleine Innehalten und Erstaunen, ohne gleich grosse «Ehrfurcht» zu erwarten. Analog zur Funktion des vegetativen Nervensystems und deinem Parasympathikus geht es um Sensibilisierung und Wahrnehmung von Momenten, denen du vermutlich bisher wenig Beachtung geschenkt hast, weil du sie als selbstverständlich betrachtet hast.
Das Besondere im Alltäglichen wird dir am ehesten begegnen, wenn du dir Möglichkeits- und Gelegenheitsräume eröffnest und nicht unter Spannung danach suchst.